BEITRAG ZUR QUALITÄTSSICHERUNG IM STRASSENBAU
Leitfaden 2017
3 Prüfungsarten
3.1 Typprüfung (Erstprüfung)
In der Verantwortung des Herstellers oder auch des Lieferanten ist für jedes europäisch harmonisierte Produkt, dass er in den Verkehr bringen will, eine Typprüfung, bisher als Erstprüfung bezeichnet, zu erstellen. Mit der Typprüfung soll sichergestellt werden, dass das Konzept des Produktes die Anforderungen der maßgebenden Produktnorm der nationalen Umsetzung der entsprechenden Europäischen Norm erfüllt. Damit ist jedoch kein Nachweis für die Eignung für einen bestimmten Verwendungszweck entsprechend einer bauvertraglichen Anforderung verbunden. Die Typprüfung dient vielmehr als interne Vorgabe für die Produktion und als Bewertungsmaßstab für die Produktionsqualität im Zusammenhang mit der Werkseigenen Produktionskontrolle. Sie ist damit ein Teil des Nachweises der Leistungsbeständigkeit. Deshalb ist sie für den Bauvertrag untauglich, sie bildet jedoch in der Regel die Grundlage für den vertragsrelevanten Eignungsnachweis.
Für die Erstellung der Typprüfung ist eine Anerkennung nach den RAP Stra oder ein anderer Fachkundenachweis nicht erforderlich. Allerdings wird die fachgerechte Durchführung aller Prüfungen entsprechend den jeweiligen Prüfvorschriften vorausgesetzt.
Im aktuellen Technischen Regelwerk wird aus praktischen Gründen statt des Begriffes „Typprüfung“ weiterhin der Begriff „Erstprüfung“ verwendet.
3.2 Eignungsnachweis
Der Eignungsnachweis ist im eigentlichen Sinne keine Prüfungsart. Mit ihm wird die tatsächliche Eignung des Produktes entsprechend dem Bauvertrag festgestellt. Der Eignungsnachweis wird durch den Auftragnehmer auf der Basis der Ergebnisse der Typprüfung und der Anforderungen des Bauvertrags aufgestellt. Die darin enthaltenen Angaben fließen in den Bauvertrag als Soll-Werte ein, sofern sie nach den jeweiligen Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen keiner anderen Regelung unterliegen. Im Detail sind die benötigten Angaben den Ausschreibungsunterlagen und den jeweiligen Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen zu entnehmen.
3.3 Eignungsprüfung
Vor der Implementierung der Europäischen Normen in das deutsche Regelwerk waren die Eignungsprüfungen der Nachweis der Eignung für ein definiertes Bauvorhaben. An diese Stelle ist heute im Hinblick auf den Bauvertrag der Eignungsnachweis getreten. Der Begriff Eignungsprüfung ist aber weiterhin für den Nachweis der Eignung von nicht europäisch harmonisierten Produkten anwendbar, sofern das Technische Regelwerk es entsprechend ausweist.
3.4 Eigenüberwachungsprüfung
Die Eigenüberwachung ist das Werkzeug für die Prüfung und Steuerung der Qualität durch den Auftragnehmer. Der Zweck besteht darin, Fehler möglichst früh zu erkennen und abzustellen, damit eine Schadensausbreitung in der Fläche verhindert wird. Die ATV DIN 18315, ATV DIN 18316 und ATV DIN 18317 Verkehrswegebauarbeiten sehen grundsätzlich eine Eigenüberwachung durch den Auftragnehmer vor, um festzustellen, ob die „verwendeten Stoffe und Stoffgemische den vertraglichen Anforderungen entsprechen“. Neben dieser Überwachung der Qualität der Baustoffe bei Anlieferung hat der Auftragnehmer auch Eigenüberwachungsaufgaben während des Einbaus durchzuführen oder zu veranlassen. Der Auftraggeber hat das Recht, sich die Ergebnisse der Eigenüberwachung vorlegen zu lassen. Eine Fremdüberwachung dieser Eigenüberwachung ist nicht vorgesehen.
Die Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) ist dagegen eine Herstellerpflicht, die vom Hersteller selbst oder von einer beauftragten Stelle wahrgenommen werden kann. Nach den Festlegungen der WPK wird der Produktionsprozess für europäisch harmonisierte Produkte – nicht das einzelne Produkt selbst – überprüft. Das System der Werkseigenen Produktionskontrolle unterliegt einer regelmäßigen Überwachung durch eine notifizierte Stelle.
Für Produkte, die von keiner europäisch mandatierten Norm erfasst sind, ist ebenfalls eine Eigenüberwachung vorzunehmen, die der Hersteller entweder in Eigenregie durchführt oder an Dritte vergibt. Die Anforderungen und die Umfänge für diese Eigenüberwachungsprüfung sind in den entsprechenden Technischen Lieferbedingungen genannt. Eine besondere Anerkennung der prüfenden Stelle ist für diese Prüfungen nicht vorgesehen. Allerdings bedarf eine solche Eigenüberwachung stets einer Überprüfung durch eine nach den RAP Stra anerkannten Fremdüberwachungsstelle.
3.5 Kontrollprüfung
Kontrollprüfungen sind Prüfungen des Auftraggebers, mit der die Qualität der vertraglichen Leistung überprüft werden kann und deren Ergebnisse für die Abnahme verwendet werden. Die Kontrollprüfung erfolgt in seltenen Fällen durch den Auftraggeber selbst, sofern er eine dafür geeignete Prüfstelle vorhält. In der Regel wird der Auftraggeber aber eine anerkannte Prüfstelle mit der Kontrollprüfung beauftragen. Dies trifft für Prüfstellen zu, die nach den „Richtlinien für die Anerkennung von Prüfstellen für Baustoffe und Baustoffgemische im Straßenbau“ (RAP Stra) für das entsprechende Fachgebiet anerkannt sind. Damit ist sichergestellt, dass die Prüfstelle die notwendigen Fachkenntnisse und Ausrüstungen für die Untersuchungen hat und in der Lage ist, die Untersuchungsergebnisse zu bewerten. Sie muss unparteiisch, neutral und unabhängig von wirtschaftlichen Interessen der Bauwirtschaft agieren. Eine Einschränkung, wonach eine Prüfstelle, die bereits die Erstprüfung für ein im selben Bauvertrag eingesetztes Bauprodukt durchgeführt hat, die Kontrollprüfung nicht durchführen darf, ist im technischen Regelwerk nicht vorgesehen. In einem solchen Fall besteht kein Interessenskonflikt.
Die Kontrollprüfungen sind nicht allein auf das Bauprodukt und die fertiggestellte Bauleistung ausgerichtet, sondern es können auch die einzelnen Komponenten des Bauproduktes im Rahmen einer Kontrollprüfung untersucht werden. Zur Kontrollprüfung gehören auch die Probenahme und der Probentransport, deren Handhabungen in den einzelnen Technischen Prüfvorschriften beschrieben sind. Das Untersuchungsergebnis einer Probe ist u. a. abhängig von der Qualität der Probenahme, deshalb ist bereits hier mit besonderer Sorgfalt vorzugehen. Die Entnahme der Proben einzelner Komponenten in einem Herstellerwerk kann zu Problemen führen, da der Baustofflieferant mit dem Auftraggeber der Baumaßnahme in keiner vertraglichen Beziehung steht. Hier sollte durch den Auftragnehmer im Liefervertrag mit dem Produkthersteller eine entsprechende Regelung vereinbart werden.
Die Kosten für die Kontrollprüfung hat immer der Auftraggeber zu tragen.
Eine Schiedsuntersuchung ist ebenfalls eine Kontrollprüfung. Sie ist auf Antrag des Auftragnehmers oder des Auftraggebers durchzuführen, wenn begründete Zweifel an der sachgerechten Durchführung der Kontrollprüfung bestehen. Eine falsche Probenahme oder abweichende Eigenüberwachungsergebnisse können beispielsweise diese Zweifel begründen. Schiedsuntersuchungen sind ausschließlich von einer dafür anerkannten Prüfstelle auszuführen, die nicht die Kontrollprüfung durchgeführt hat. Das Ergebnis tritt an die Stelle des ursprünglichen Kontrollprüfungsergebnisses. Die Kosten für die Schiedsuntersuchung hat die Partei zu tragen, zu deren Ungunsten das Ergebnis ausfällt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, bei negativen Ergebnissen einer Schiedsuntersuchung ergänzend eine zusätzliche Kontrollprüfung zu beantragen.
Die zusätzliche Kontrollprüfung ist auch als Kontrollprüfung einzuordnen. Sie wird zur Einengung bei Abweichungen angewendet, die offensichtlich nicht kennzeichnend für die der entsprechenden Entnahmestelle zuzuordnende Fläche ist. Der Einengungsbereich ist gemeinsam durch den Auftraggeber und Auftragnehmer festzulegen. Kann dies nicht eindeutig und einvernehmlich geschehen, darf er nicht kleiner als 20 % der ursprünglichen Fläche sein. Für die Abnahme sind die Ergebnisse der zusätzlichen und der ursprünglichen Kontrollprüfung maßgebend. Die zusätzliche Kontrollprüfung ist beispielsweise von einer nach den RAP Stra anerkannten Prüfstelle auszuführen. Eine Einschränkung, dass die Prüfstelle, die die ursprüngliche Kontrollprüfung ausgeführt hat, die zusätzliche Kontrollprüfung nicht ausführen darf, besteht nicht.
Die Art und den Umfang der Kontrollprüfung kann der Auftraggeber im freien Ermessen festlegen. In den jeweiligen Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien sind dazu Angaben vorhanden, die der Auftraggeber anwenden sollte. Bei Schiedsuntersuchungen wird oftmals nur der abweichende Kennwert überprüft. Bei einer falschen Probenahme ist allerdings die Probe im vollen Umfang zu untersuchen, wobei eine Untersuchung anhand einer Durchschnittsprobe aus nachträglich entnommenen Bohrkernen sinnvoll ist. Diese Vorgehensweise trifft auch auf die zusätzliche Kontrollprüfung zu.
Anlage 1 enthält eine tabellarische Zusammenfassung der Prüfungsarten.