5. Kontrollprüfungen
5.1 Vergabe von Kontrollprüfungen
Die Vergabe der Kontrollprüfungen sollte durch den Auftraggeber direkt oder über das mit der Bauüberwachung beauftragte und in seinem Namen handelnde Fachbüro an eine unabhängige Prüfstelle erfolgen, die für Kontrollprüfungen des jeweiligen Fachgebietes nach der „Richtlinie für die Anerkennung von Prüfstellen für Baustoffe und Baustoffgemische im Straßenbau“ – RAP Stra – Ausgabe 2010, eingeführt durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung mit Allgemeinem Rund-schreiben Straßenbau Nr. 20 vom 27.08.2010 anerkannt ist.
Der Auftraggeber kann die Kontrollprüfungen auch selbst in einer eigenen Prüfstelle durchführen, sofern eine solche existiert.
Kontrollprüfungen sollten grundsätzlich nicht Inhalt des Leistungsverzeichnisses für Bauleistungen sein und damit nicht vom Baubetrieb unabhängig vergeben werden.
Eine solche Praxis wird in jüngerer Zeit jedoch von Gemeinden, häufig auch über die Bauleistung ausschreibende Ingenieurbüros, praktiziert, denen die finanzielle Grundlage für die Bezahlung der Kontrollprüfungen fehlt. In diesem Falle sollte der Auftraggeber aber mindestens vorgeben, welche Prüfstelle seines Vertrauens mit der Kontrollprüfung beauftragt wird.
Die Vergabe der Kontrollprüfungen erfolgt im Allgemeinen durch öffentliche Ausschreibung nach VOL oder freihändig nach Preisabfrage. Kriterien für die Vergabe sind die Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit des Prüfinstitutes, dessen besonderen Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten und die Einschätzung der Auskömmlichkeit des angebotenen Preises.
Als Anhaltspunkt können die Preise der Bundesanstalt für Straßenwesen (nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung) mit Sitz in Bergisch Gladbach gelten, jedoch sind auch länderspezifische Gebührenordnungen u. ä. in Anwendung.
Eine nach RAP Stra anerkannte Prüfstelle zeichnet sich durch fachliche Kompetenz, Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit, Sorgfalt und Neutralität aus.
Sie muss kurzfristig verfügbar sein und regionale Besonderheiten kennen und berücksichtigen.
Eine Einflussnahme auf die Ergebnisse durch die Geschäftsführung der Prüfstelle, einer übergeordneten Unternehmung als Institution darf nicht erfolgen.
Für die Durchführung und Bewertung der Prüfungen muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen.
All diese Bedingungen sind nicht gewährleistet, wenn eine Auftragserteilung durch den Baubetrieb erfolgt und nicht durch den Auftraggeber.
Das Prinzip der Kontrollprüfungen liegt auf dem Wort „Kontrolle“. Das bedeutet, dass eine Baufirma sich nicht selbst kontrollieren kann und darf. Deshalb muss der Auftraggeber und das kann auch ein Ingenieurbüro in seinem Namen sein, eine zugelassene unabhängige Prüfstelle mit der Durchführung der Kontrollprüfungen beauftragen. Er ist zuständig und verantwortlich dafür, dass nur solche Prüfstellen diese Prüfungen ausführen.
5.2 Umfang der Kontrollprüfungen
Über den Umfang der Prüfungen sind in den jeweiligen Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen Richtwerte vorgegeben. Hauptkriterium ist dabei in der Regel die Wertigkeit und die Größe der Baumaßnahme. Die technischen Vorschriften berücksichtigen aber auch besondere Bedingungen, wie zum Beispiel im Stadtstraßenbau oder bei Brückenbelägen, wo kleine Flächen die Qualität des Gesamtvorhabens relevant beeinflussen.
Unabhängig von den vorgenannten Richtgrößen empfiehlt es sich, den Prüfumfang den Baustellengegebenheiten anzupassen. Dabei können z. B. kleine Tagesleistungen, unterschiedliche Einbaubedingungen und Wechsel in der Belieferung einen veränderten Prüfumfang erfordern. Ziel der Kontrollprüfungen ist es, die Qualität der erbrachten Bauleistungen stichprobenweise zu erfassen und in die qualitätsrelevanten Teilleistungen umfassend zu beurteilen.
5.3 Probenahme
Die Probenahme wird vom Auftraggeber in Anwesenheit des Auftragnehmers auf der Baustelle veranlasst. Sie wird auch in dessen Abwesenheit durchgeführt, wenn der Auftragnehmer den rechtzeitig bekanntgegebenen Termin nicht wahrnimmt.
Als besondere Leistungen können die Probenahme und die versandfertige Verpackung der Proben hilfsweise vom Auftragnehmer unter Aufsicht des Auftraggebers durchgeführt werden.
Dieses Vorgehen setzt voraus, dass der Auftragnehmer über den Zweck der Proben-ahme und seine rechtlichen Folgen genau unterrichtet ist und die normierten Verfahren der Probenahme beherrscht. Das Probenahmeprotokoll ist von beiden Seiten zu unterschreiben.
Eine unfachmännisch und damit nicht nach Norm durchgeführte Probenahme führt zu unbrauchbaren Untersuchungsergebnissen, die nicht beweiskräftig beurteilt werden können.
5.4 Folgen der Unterlassung von Kontrollprüfungen
Der Auftraggeber verzichtet in einem solchen Fall auf seine ureigenen Rechte, d. h.:
- die Abnahme bewirkt die Umkehr der Beweispflicht, d. h. bei auftretenden Mängeln muss der Auftraggeber beweisen, dass der Auftragnehmer eine Pflichtverletzung begangen hat,
- der Auftraggeber muss die volle Vergütung für eine Bauleistung mehr oder weniger unbekannter Qualität zahlen,
- der Auftraggeber hat nur noch einen Gewährleistungs- nicht unbedingt aber einen Ersatzanspruch,
- der Gefahrenübergang auf den Auftraggeber erfolgt durch die Abnahme, unabhängig von der nachgewiesenen Qualität, nicht vorbehaltene Ansprüche sind damit verloren,
- der Auftraggeber verzichtet auf mögliche Qualitätsabzüge, die in den ZTV verankert sind sowie auf erforderliche Nachbesserungen oder Ersatzleistungen.
Diese nachteiligen Auswirkungen treten auch ein, wenn der Auftraggeber nur teilweise seiner Kontrollprüfungspflicht nachkommt und beispielsweise die Qualität der verwendeten Materialien, nicht aber die damit erbrachte fertige Leistung des Auftragnehmers überprüft (z. B. der Verdichtung).
Mit steigender Tendenz bringen Auftraggeber besonders aus den kommunalen Bereichen ihre Kontrollprüfungen als Besondere Leistung im Bauvertrag unter.
Dieses Verfahren hat für den Auftraggeber negative Folgen, da
- er keinen Einfluss auf die Auswahl der Prüfstelle hat,
- die von dem technischen Regelwerk geforderte Zweigleisigkeit von Eigenüberwachungsprüfungen und Kontrollprüfungen aufgehoben wird,
- der Auftragnehmer glauben könnte, dadurch von seinen Eigenüberwachungsprüfungen befreit zu sein,
- eine zusätzliche „Spekulationsposition“ bei der Kalkulation des Baupreises geschaffen wird.