Die Prüfung der mechanischen Eigenschaften von Niedrigtemperaturgussasphalt unter verschiedenen Randbedingungen

Prof. Dr.-Ing. Kurt Schellenberg, Dr.-Ing. Peter Schellenberg, Institut für Materialprüfung Dr. Schellenberg Rottweil GmbH, Rottweiler Straße 13, 78628 Rottweil, rottweil@ifm-dr-schellenberg.de

Die Prüfung der mechanischen Eigenschaften von Niedrigtemperaturgussasphalt unter verschiedenen Randbedingungen

Mechanische Eigenschaften

Die mechanischen Eigenschaften werden, dem thermoplastischen Verhalten des Gussasphalts folgend, seit vielen Jahrzehnten mit viel Erfolg über die Eindringung von Stempeln mit entsprechendem Durchmesser und ausgewählter Auflast bei bestimmter Temperatur über die Zeit ermittelt [1]. Seit über 30 Jahren wird die Eindringung von Stempeln in die Gussasphaltproben auch mit verkehrssimulierender intermittierender Beanspruchung durchgeführt.

Ursprünglich wurde das dynamische Belastungsschema in Form eines Rechtecks gewählt [2]. Aufgrund der Tatsache, dass bei rechteckiger Belastung nicht beherrschbare Spannungsspitzen auftreten, wurde nach entsprechenden Vergleichsuntersuchungen [3] in der Technischen Prüfvorschrift [4] eine intermittierende sinusförmige Impulsbelastung (haversine) festgelegt.

Während die statischen Stempeleindringversuche an mit Stahlplatten eingespannten Würfeln aus Gussasphalt mit 7 cm Kantenlänge durchgeführt werden, besitzen die prüffertigen Probekörper bei den dynamischen Prüfungen einen Durchmesser von 150 mm und eine Höhe von 60 mm ohne zusätzliche Einspannung. Die Einspannung wird durch die umgebende Gussasphaltmasse erreicht. Die Unterschiede der Eindringversuche bei der Belastung und der Probekörperform führen dazu, dass die dynamischen Versuche deutlich größere Spreizungen aufweisen. Daraus abgeleitet ist es zweckmäßig, immer dann dynamische Stempeleindringversuche durchzuführen, wenn sehr standfeste, zähe Gussasphalte vorliegen mit statischen Eindringtiefen unter 2,5 mm in Übereinstimmung mit den Festlegungen in DIN EN 13108-20 B6.

In [3] wird ausgeführt, dass bei den dynamischen Eindringtiefen die Unterschiede zwischen den einzelnen Mischungen sehr viel deutlicher auftreten im Vergleich mit den statischen Eindringtiefen und dass die Wiederholbarkeit der Prüfung hervorragend ist, weil die Unterschiede bei den einzelnen Untersuchungsergebnissen um ein Mehrfaches kleiner sind als die materialbedingten Unterschiede.

Niedrigtemperaturgussasphalte

Unter Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen zur Reduzierung der Dämpfe und Aerosole bei der Heißverarbeitung von Bitumen ist es bei der Herstellung und Verarbeitung von Gussasphalt dringend erforderlich, die Verarbeitungstemperaturen zu reduzieren. Diese können nicht beliebig verringert werden, weil sonst der Gussasphalt als hochviskose Flüssigkeit nicht verarbeitet und eingebaut werden kann.

Als Hilfsmittel zur Reduzierung der Viskositäten bei der Herstellung und Verarbeitung des Gussasphalts dienen in Übereinstimmung mit Abschnitt 3.9.1 der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächen aus Asphalt
(ZTV Asphalt-StB 07/13 und Abschnitt 3.2.6 der Technischen Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen (TL Asphalt-StB 07/13) geeignete viskositätsverändernde Bindemittel oder viskositätsverändernde Zusätze. Wachsmodifizierte Gussasphalte mit guter Verarbeitbarkeit bei reduzierten Verarbeitungstemperaturen und gleichzeitig hoher Belastbarkeit sind Stand der Technik.

Variation der Randbedingungen

Bei der Prüfung der NT-Gussasphalte auf mechanische Eigenschaften, insbesondere im Rahmen von Kontrollprüfungen entsprechend ZTV Asphalt-StB liegen keine Erfahrungen vor, ob und inwieweit die wachsmodifizierten Gussasphalte ihre Eigenschaften verändern, wenn die Verarbeitungstemperaturen des NT-Gussasphaltes von 250 über 230 auf 210 °C reduziert werden. Von Bedeutung auf das Untersuchungsergebnis der Eindringtiefe könnte auch sein, ob die Probekörper unterschiedlich lange zwischen 24 und 96 Stunden nach ihrer Herstellung vor der Prüfung gelagert wurden.

In einem Forschungsprojekt [5] wurden entsprechende Prüfungen durchgeführt zur Klärung der Fragen des Einflusses der Temperatur auf die Probekörperherstellung bei Niedrig-temperaturgussasphalt im Rahmen von Kontrollprüfungen.

Dabei wurden an insgesamt zehn willkürlich ausgewählten Baustellen in Baden-Württemberg, Saarland und Bayern NT-Gussasphaltmassen zur Herstellung der Proben und zur Prüfung im Labor entnommen. Zusätzlich zur Entnahme der Proben auf der Baustelle für die Prüfungen im Labor erfolgte auch die Herstellung der Probekörper direkt auf der Baustelle, also ohne zusätzliches Aufheizen des Gussasphaltes.

Angaben über die Gussasphalte auf den Baustellen

Die Temperaturen bei der Verarbeitung der NT-Gussasphalte auf der Baustelle und die Art des Bindemittels gehen aus Tab. 1 hervor:

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Verarbeitbarkeit der Gussasphalte nach dem IFM-System VIS-GA

Das IFM-System VIS-GA wurde entwickelt, um die Verarbeitbarkeit des Gussasphaltes über die Bestimmung des Drehmomentes bei verschiedenen Temperaturen zu ermitteln.

Die Prüfung wird in einem geschlossenen Laborkocher durchgeführt. Der Antrieb des Rührers erfolgt über einen Elektromotor mit zwischengeschaltetem stufenlosem Planetengetriebe. Die Umdrehungsgeschwindigkeit des Rührers beträgt 13 U/min.

Zur Prüfung werden 8 – 10 kg eines fertig hergestellten Gussasphaltgemisches auf eine Temperatur von 180 °C erwärmt. Das sich bei dieser Temperatur am Rührer einstellende Drehmoment wird über eine Auswerteeinheit mit digitaler Temperatur- und Drehmomentanzeige abgelesen.

Dieser Vorgang wird dann bei Temperaturen von 210 °C und 240 °C wiederholt.

Um eine ständige Temperaturmessung im geschlossenen System vornehmen zu können, wurde am unteren Rührflügel ein Temperaturaufnehmer Typ PT 100 appliziert. Die hohen Temperaturen erfordern eine thermische Entkopplung zwischen Rührwerk und Messdatenaufnahme der zur Drehmomentmessung erforderlichen DMS-Messstreifen.

Die Datenübertragung von Temperatur und Drehmoment erfolgt ohne Kabel mit Hilfe der Sensortelemetrie.

Im Einzelnen wurden folgende Drehmomente gemessen:
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Die Ergebnisse sind nachfolgend grafisch dargestellt:

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Abb. 1: Ergebnisse der Verarbeitbarkeit, Mischung A – J

Ergebnisse der Kontrollprüfungen

Die Zusammensetzungen und die Eigenschaften der auf verschiedenen Baustellen entnommenen Gussasphaltmischungen sind nachstehender Tab. 3 zu entnehmen:
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Statische und dynamische Eindringtiefe

an den Original-Gussasphaltproben bei einem Alter der Proben von 48 Stunden und einer Einfülltemperatur von 230 °C:
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Tab. 4: statische und dynamische Eindringtiefen

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Abb. 2: Grafische Darstellung ETdyn / ETstat, Mischgut A – J, 230 °C – 48 Std.

Eindringtiefe statisch – dynamisch – Baustellenprobe

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Abb. 3: Grafische Darstellung ETdyn / ETstat, Baustellenprobe A – J

Statische und dynamische Eindringtiefen in Abhängigkeit vom Alter der Proben vor der Prüfung (Prüftemperatur 230 °C)

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Der Abb. 4 sind Werte der dynamischen Eindringtiefen zu entnehmen in Abhängigkeit vom Alter der Proben vor der Prüfung

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Abb. 4:  ETdyn / ETstat,  Mischgut A – J,  230 °C

Untersuchungsergebnisse

  • Unabhängig davon, ob die Temperaturen des Gussasphaltes bei der Herstellung der Proben 250, 230 oder 210 °C betragen, liegen die statischen und dynamischen Eindringtiefen auf jeweils einem Messniveau. Die Temperatur des Gussasphaltes bei der Herstellung der Probekörper hat in der geprüften Temperaturspanne keinen Einfluss auf die Verformungsbeständigkeit.
  • Die Messergebnisse der statischen Eindringtiefe nach 30 Minuten Prüfzeit liegen bei den dynamischen Eindringtiefen nach 2500 Lastwechsel auf derselben Höhe, wenn die Eindringtiefen um oder unter 1 mm liegen. Zwischen 1 und 2 mm statischer Eindringtiefe sind die dynamischen Eindringtiefen um das 2 bis 3-fache höher.
  • Bei einer Verarbeitungstemperatur von 230 °C wirkt sich ein Zeitraum von 24, 48 oder
    96 Stunden zwischen der Herstellung der Probekörper und der Prüfung der Eindringtiefe nicht auf das Prüfergebnis aus.
  • Bei der Herstellung der Probekörper auf der Baustelle entfällt, gegenüber der üblichen Herstellung der Probekörper im Labor bei Kontrollprüfungen, eine zusätzliche Temperaturbelastung durch erneutes Erwärmen der Gussasphaltmasse. Die Wieder-erwärmung des Gussasphaltes führt durchweg zu geringeren Eindringtiefen. Die Verringerung verläuft aber systematisch. Das heißt, dass die an Baustellenproben ermittelten Eindringtiefen um den Faktor 1,3 – 1,5 höher liegen, als die Werte, die an wiedererwärmtem Mischgut ermittelt wurden.
  • Im Hinblick auf den hohen apparativen Aufwand auf oder in der Nähe von Brückenbauwerken unter kontrollierten Bedingungen Gussasphaltproben herzustellen, kann weiterhin auch bei temperaturabgesenkten Gussasphalten das bisherige Verfahren beibehalten werden, die Proben nach Wiedererwärmen im Labor herzustellen.
  • Die Werte der Verarbeitbarkeit in [N • m] der untersuchten Gussasphalte, die in der Praxis alle eine ausreichende Verarbeitbarkeit aufgenommen haben, verlaufen weitgehend linear in Abhängigkeit von der Temperatur. Bei einer Temperatur von 210 °C liegen die Drehmomente der Niedrigtemperaturasphalte unter 5,5 N • m.

    Bei Drehmomenten unter 4,0 N • m, festgestellt mit dem VIS-GA-Verfahren bei 210 °C, kann der Gussasphalt auch gepumpt werden.

[1]

Eindringtiefe an Gussasphaltwürfeln, TP Asphalt-StB, Teil 20

[2]

Schellenberg, Kurt: Die Rottweiler Hydropulsanlage, Bitumen, Heft 4/1985

[3]

Chr. Angst, K. Schellenberg: Dynamische Eindringtiefe zur Beurteilung von Gussasphalt, Forschungsauftrag VSS 2000/43 ASTRA Okt. 2008

[4]

Technische Prüfvorschriften für Asphalt TP Asphalt-StB, Teil 25 A1, Dynamischer Stempeleindringversuch am Gussassphalt

[5]

Einfluss der Temperatur auf die Probekörperherstellung bei Niedrigtemperaturgussasphalt im Rahmen von Kontrollprüfungen FE 07.0244/2011/ERB der BAST, Forschungsnehmer: IFM Institut für Materialprüfung Dr. Schellenberg Rottweil GmbH